Anmerkung an die Leser: Wer den Hintergund der vor gut einem Jahr ins Leben gerufenen Artikelserie “Erzähle uns von Deinem Kopftuch” nicht kennt, kann diesen hier in unserem Einladungsschreiben nachlesen. Nun hat uns wieder ein Beitrag erreicht, der hoffentlich weitere Leserinnen motiviert uns ihre Geschichte zu erzählen. Wir sagen danke und geben das Wort an unsere Leserin Michaela Fetovski:
Ja, dann werde ich mal von dem Quadratmeter Stoff erzählen, der seit meinem 17. Lebensjahr zu mir gehört. Alles fing mit meiner lieben Oma an, die aus einer bäuerlichen Familie im Osten kam und auch Kopftücher trug. Manchmal band sie mir eines um, als ich klein war, um mich vor der Winterkälte zu schützen. Früher mochte ich das nicht, weil mir nach dem Kopftuchtragen ständig der Kopf juckte. Ich kann mich noch gut an die akkurat im Garderobenschrank gestapelten Tücher erinnern.
Ungefähr zwei Jahre nach dem Tod der Oma besuchte ich eine Ausstellung, in der handgefertigte indische Figuren zu sehen waren. Der Künstler hatte sie aus alten Stoffresten und anderem Müll liebevoll und detailgetreu hergestellt. Und die weiblichen Figuren hatten so schöne Tücher um! Und der Wunsch auch welche zu tragen wuchs stetig in mir heran. Ich musste die Bindetechniken wieder neu erlernen, und meine Verwandtschaft und viele Freunde waren anfangs gar nicht begeistert. Doch dann kramten sie ihre alten Schätze aus und schenkten sie mir. Mein Freund hatte anfangs auch einen Kulturschock erlitten, als er mich zum ersten Mal mit Tuch sah, doch heute sagt er, dass es wohl die Angst vor dem Unbekannten und das Klischee war, das auf dem Kopftuch lastet.
Heute sucht er mit Begeisterung passende Tücher zu meiner Kleidung aus. Ich habe schöne und schlichte Stücke, aus Seide, Satin, Baumwolle – bestickt und umhäkelt. Die Leute in meinem Umfeld kennen mich nicht anders und fragen noch nicht einmal. So bin ich halt hierher gezogen. Ich schwimme nicht im Strom des westlichen Kleidungsstils. Für mich ist das Kopftuch etwas Gemütliches und je nach Stoff, Farbe und Machart etwas Charakteristisches, was auch farbenfroh und schön sein kann. Ich finde es sogar schade, dass es nur noch mit Religion oder Hip-Hop gleichgesetzt wird. Leider verschwinden die quadratischen Tücher aus den Geschäften, genau, wie die langen Röcke!!
Viele Leute haben wohl auch vergessen, dass Kopftücher und vielfältige Trachten auch mal zu unserer Tradition gehört haben.
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